Der Immobilienmarkt in Deutschland zieht wieder an – und damit steigen auch die Verkaufspreise und Kaufpreise vieler Eigentumswohnungen oder Häuser. Doch zugleich der Blick auf die Entwicklung in den jeweiligen Städten und Gemeinden kein einheitliches Bild. Und vor allem keines mehr, das das frühere Mantra von Lage oder Größe zu hundert Prozent bestätigt. Neben Lage und Größe einer Immobilie – die nach wie vor wichtige Rollen spielen, aber eben nicht mehr die ausschließlichen – entscheiden heute viele weitere Fakten über den wahren Wert einer Immobilie.
Dabei spielen zunehmend die energetischen Zustände einer Eigentumswohnung oder eines Hauses eine wichtige Rolle. Die beste Lage eines Mehrfamilienhauses in Berlin-Mitte wird stark relativiert, wenn etwa im Keller des Hauses von Anfang des 19. Jahrhunderts eine fast ebenso alte Ölheizung vor sich hin wummert, die Bäder feucht und kalt, die Fenster undicht und die Wände faktisch ungedämmt sind.
Wann und wieso brauche ich überhaupt ein Wertgutachten für eine Immobilie?
Das Problem dabei für die Mehrheit der Immobilieneigentümerinnen und Eigentümer und viele, die es noch werden wollen: Auf den ersten Blick sind diese Probleme und damit Kostengräber für Laien kaum bis gar nicht zu erkennen. Viele lassen sich etwa bei der Vorführung einer zum Kauf stehenden Eigentumswohnung von der schönen Küche, dem geschmackvoll gestrichenen Esszimmer oder dem tollen Blick vom Balkon auf den Park und die untergehende Sonne blenden. Doch all das verblasst, wenn sich gerade im Keller die Heizungstechnik von vorvorgestern ist.

Veraltete Heizungen oder Bausubstanzprobleme zeigen sich meist erst auf den zweiten Blick. © Freepik, rawpixel.comVeraltete Heizungen oder Bausubstanzprobleme zeigen sich meist erst auf den zweiten Blick. © Freepik, rawpixel.com
Doch was tun dagegen? Klarheit über den wahren Wert einer Eigentumswohnung oder eines Hauses – besonders wichtig im immer häufigeren Erbfall – können nur Profis liefern und ihr Wertgutachten für die jeweilige Immobilie. „Um den Wert einer Immobilie ermitteln zu lassen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ob sich Kunden zum Beispiel für ein einfaches Kurzgutachten oder ein umfassendes Verkehrswertgutachten entscheiden, hängt immer von ihrer persönlichen Situation und dem jeweiligen Anlass ab“, erklärt der Immobilienexperte, Immobiliengutachter und Energieberater André Heid.
Welche Unterschiede bestehen zwischen dem Voll- und dem Kurzgutachten? Wann brauche ich was?
Mit dem Wertgutachten eines Sachverständigen kannst du den aktuellen Wert deiner Immobilie professionell bestimmen lassen. Dafür kommen entweder das Voll- oder auch Verkehrswertgutachten sowie ein Kurzgutachten infrage. Das Verkehrswertgutachten ist „rechtsgültig“. Das bedeutet: Du kannst es vor Gericht und in der Kommunikation mit Behörden verwenden. Zudem enthält es ausführliche Erläuterungen zur Wertermittlung. Das Kurzgutachten ist hingegen kompakter und eignet sich insbesondere für private Angelegenheiten. Die Kosten für ein Wertgutachten für Immobilien hängen immer von der Art des Gutachtens, den Merkmalen der Immobilie und dem zu erwartenden Aufwand ab. Generell ist das Kurzgutachten kostengünstiger als das Vollgutachten, ist aber wie gesagt vor Gericht nicht gültig.

© André Heid
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Ob ein Wertgutachten tatsächlich notwendig ist, hängt vor allem davon ab, aus welchem Anlass der Marktwert einer Immobilie ermittelt wird. Sinnvoll sind diese Gutachten etwa im Fall einer Erbschaft oder Schenkung sowie beim geplanten Kauf oder Verkauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung. Zwingend notwendig ist das Wertgutachten, wenn es etwa um eine Beleihung, Scheidung mit Rechtsstreit oder eine juristische Auseinandersetzung unter Erben geht – gerade die letztgenannten zwei Fälle Scheidungs- und Erbschafsstreitigkeiten gehören in Deutschland leider häufig zur Tagesordnung vor Gerichten.
André Heid: „Das Vollgutachten enthält nachvollziehbare Ausführungen und Erklärungen zur Wertermittlung der Immobilie. In der Regel ist das ausführliche Verkehrswertgutachten eines Sachverständigen rund 60 bis 120 Seiten lang und benötigt ungefähr zwei bis vier Wochen zur Erstellung. Die Sachverständigen prüfen dabei unter anderem die Erschließungsfreiheit und den Sanierungsbedarf (samt kostenlosem Sanierungsprotokoll). Dieses Vollgutachten kostet für ein Haus ab 2.790 Euro“, sagt André Heid. Auf den ersten Blick mag das viel klingen – doch das Geld für ein Gutachten ist bestens investiert und zahlt sich meist in Form maximierter Verkaufspreise oder minimierter Einkaufspreise für eine Immobilie, je nach Position des Betreffenden, schnell mehr als zurück.
Das Kurzgutachten ist die kostengünstigere Alternative – nach Heids Worten ab 1.690 Euro. Ein Kurzgutachten ist hinsichtlich der Objektbeschreibung und der Berechnungserläuterung deutlich kürzer und weniger umfassend als ein ausführliches Verkehrswertgutachten. Dennoch finden auch bei einem Kurzgutachten eine Objektbesichtigung und die Überprüfung der Unterlagen statt. „Was diesem Wertgutachten für ein Haus fehlt, ist der Methodikteil. Des Weiteren wird bei einem Kurzgutachten im Gegensatz zu einem Verkehrswertgutachten ohne Hinweise keine Prüfung des sogenannten Altlastenverdachtskatasters sowie der Baulasten vorgenommen“, erklärt Heid. Wer auf Nummer sicher gehen will, gerade bei umfassenden Neubauprojekten auf einem Grundstück, sollte daher besser auf das Vollgutachten setzen.
Ein Kurzgutachten kann nicht vor Gericht verwendet werden und ist eher als fundierte Werteinschätzung eines Sachverständigen zu betrachten. Aber wichtig: Hinsichtlich des Verkehrswertes unterscheiden sich beide Gutachten nicht.
Diese Unterlagen benötigt der Gutachter
Wenn ein Sachverständiger beauftragt wird, sollte vorab erfragt werden, welche Unterlagen der Gutachter für die Wertermittlung benötigt und diese zusammenstellen. Dazu gehören zum Beispiel der Grundbuchauszug, ein Auszug aus dem Baulastenverzeichnis, ein Auszug auf der Flurkarte, die Baubezeichnungen des Objekts, genaue Angaben zur Wohnfläche, Belege von Modernisierungen und ein Energieausweis. Hinzu kommen je nach Immobilientyp weitere spezifische Unterlagen – im Fall einer Eigentumswohnung im Mehrfamilienhaus wäre das etwa das Protokoll der letzten Eigentümerversammlung oder die Teilungserklärung.Formularende




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